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Brauchtum, Kultur und religiöse Zeremonien

Trotz fortschreitender Modernisierung wird das Leben eines großen Teils der tibetischsprachigen Bevölkerung im westlichen Himalaya in vielen Bereichen noch immer durch Brauchtum, Glaubensvorstellungen, Wirtschaftsweise und soziale Strukturen bestimmt, wie sie auch aus Berichten aus dem Anfang des 20. und sogar 19. Jh. bekannt sind. Dazu zählen u.a. die gerade in Spiti vergleichsweise zahlreichen und oft präsenten Trance-Medien (lha-bdag), religiöse Feste, die mit bestimmten Schulen des tibetischen Buddhismus verbunden sind, aber auch bestimmte Vorlieben bei Tracht und Schmuck, z.B. in der Wahl der Motive oder des Materials. Viele dieser lokalen Ausprägungen im Brauchtum sind aus wissenschaftlicher Sicht von besonderem Interesse, da sie Zeugnisse für die Eigenständigkeit und Vielfalt der lokalen kulturellen Traditionen darstellen.

Feste

Die wichtigsten Feste der Laienbevölkerung in Spiti sind das Namkhan-Fest im Herbst, das Neujahrsfest (lo-gsar) im Winter und das Datschang-Fest (mda-chang) am Winterende bzw. Frühlingsbeginn. Dörfliche Feste stellen in der Regel die beste Möglichkeit dar, Aspekte der bodenständigen Kultur (z.B. Lieder, Tänze, Trance-Medien) dieser Gebiete kennenzulernen. Die lokale Bevölkerung tritt bei diesen Festen ihrer sozialen Zugehörigkeit, Rang oder Status gemäß auf und bietet damit für den Forscher eine Gelegenheit, die soziale Ordnung und Hierarchie zu studieren. Diese wird nicht nur an der Einhaltung bestimmter Sitzordnungen (Reihung nach sozialem Rang, Geschlecht, Alter und Kaste) sichtbar, sondern auch an entsprechenden Festtrachten und Schmuck. Eisenschmiede (bzo-ba), eine als niedrige Kaste betrachtete Gruppe, sind dabei in doppelter Hinsicht präsent - als Hersteller des von der Mehrheitsbevölkerung getragenen Schmucks und als Musiker, vor allem Trommler, die die Ankunft hochrangiger Festgäste ankündigen.

Schutzgottheiten

Eines der wichtigsten Feste ist jenes, das dem Kult der Lokalgottheit(en) (yul-sa) eines Dorfes gewidmet ist. Ihr Sitz (lha-tho) befindet sich zumeist an einer erhöhten Stelle über dem Dorf und in unmittelbarer Nähe eines Baches, dessen Wasser zum Trinken und für die Bewässerung der Felder verwendet wird. Hochrangige, mit größeren Gebieten ausgestattete Lokalgottheiten werden meist mit Bergen identifiziert. Insbesondere für Spiti, das obere Kinnaur und angrenzende Gebiete Westtibets ist das Vorkommen weiblicher Lokalgottheiten charakteristisch. Alten tibetischen Texten und auch der mündlichen Überlieferung zufolge wurden sie von Mönchen unterworfen und als Schutzgottheiten neugegründeter buddhistischer Tempel installiert. Sie sind in dieser Funktion oft auf Malereien dargestellt, manche von ihnen benutzen auch Trance-Medien (ausschließlich männlichen Geschlechts), um anlässlich von Festen oder auf Einladung zu den Dorfgemeinschaften zu sprechen.