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Ziel dieses Teilprojektes des Forschungsschwerpunktes ist es, epigraphische Quellen aus dem westtibetischen Kulturraum ausfindig zu machen, sie zu dokumentieren und ihre Inhalte zu erschließen.
Einen Schwerpunkt bildet dabei die Erhebung und Untersuchung historischer Inschriften (Gründer- und Spender-Inschriften, Renovierungsinschriften etc.), durch die die in vielen Bereichen erst ansatzweise erschlossene Geschichte Westtibets weiter erhellt wird. Hier kommt insbesondere den frühen Inschriften aus der Zeit um und unmittelbar nach der Wende zum zweiten Jahrtausend ein besonderer Stellenwert zu, da sonstige historische Quellen für diese Periode rar sind. Epigraphische Zeugen wie die Inschrift im Kloster Tabo, in der von der Mitte des 11. Jahrhunderts erfolgten Renovierung des Klosters berichtet wird, sind deshalb für die Erforschung sowohl der religiösen als auch der politischen Geschichte der Gegend überaus bedeutsam. Darüber hinaus bieten sie auch wichtige Anhaltspunkte für die Datierung und das Verständnis der Malereien und der Skulpturen der Gegend.
Ein weiteres Augenmerk gilt einem bestimmten Typus religiöser Inschriften, deren Bedeutung für die tibetische Philologie erst in den letzten Jahren deutlich geworden ist. Dabei handelt es sich um Wandinschriften, die Auszüge aus Texten des tibetisch-buddhistischen Kanons wiedergeben und die deshalb für die Erforschung der weitverzweigten Überlieferungslinien dieser Texte wertvolle Zeugen darstellen. Die jüngsten Ergebnisse zur Überlieferung der mehrere tausend Einzeltexte umfassenden kanonischen Sammlungen des tibetischen Buddhismus deuten darauf hin, dass die Überlieferung von vielen dieser Texte in Westtibet unabhängig von der in Zentraltibet erfolgte und dass die westtibetische Tradition den ursprünglichen Wortlaut der Texte oft besser erhalten hat. Dies wird durch frühe westtibetische Inschriften mit Auszügen aus manchen dieser kanonischen Werke bestätigt - so z. B. durch die in das 12. Jh.n.Chr. zu datierende Inschrift im Kloster von Alchi (Ladakh, NW-Indien), die Exzerpte aus dem Aksobhyavyuhasutra enthält und zu den frühesten erhaltenen Zeugen der tibetischen Übersetzung dieses sutras zählt. Der Text beschreibt das Reich des Buddha Aksobhya, wo die Lebewesen frei von Verlangen, Hass und Verblendung sind, ihre Nahrung und Kleidung auf "Wunschbäumen" ernten und ein überaus angenehmes Dasein genießen.
Vervollständigt wird die Erforschung dieser Quellen durch die Erfassung und Untersuchung weiterer epigraphischer Dokumente, wie z.B. Steinplatten mit heiligen Silben und kurzen magischen Formeln (mantras, dharanis), kalendarischen Inschriften etc.